Freitag, 21. August 2009

VW-Porsche 914 -Rasanz fürs Volk-


Das geplante Duett von VW und Porsche ist keine neue Idee. Bereits vor rund 40 Jahren kooperierten beide Firmen - heraus kam der VW-Porsche 914. Damals verkannt, ist der Mittelmotor-Feger heute ein gefragter Klassiker. SPIEGEL ONLINE war mit dem Sportwagen unterwegs.

Sofort waren die Kalauer in der Welt. Volksporsche hieß das Auto umgehend, was mitunter auch spöttisch VoPo abgekürzt wurde. Nach der Präsentation des Wagens auf der IAA im Spätsommer des Jahres 1969 reimte ein Motorjournalist keck: "Vom Käfer die Natur, vom Porsche die Figur". Das fatale Möchtegern-Image wurde der Sportwagen leider nie wieder los. Der VW-Porsche 914 ist damit so etwas wie der Prototyp eines verkannten Autogenies. Denn was das Fahrerische angeht, ist das erste Mittelmotor-Großserienfahrzeug der Welt eine Wucht.

Knapp 120.000 VW-Porsche 914 wurden zwischen 1969 und 1975 gebaut. Einen Nachfolger für das Auto gab es nicht; erst der 1996 erschienene Porsche Boxster nahm die Idee eines offenen Einstiegsmodells der schwäbischen Marke wieder auf. Der 914 aber bleibt eine Ausnahmeerscheinung, gut erhaltene Autos werden heute zu Preisen um 20.000 Euro gehandelt, Modelle mit Porsche-Motor erzielen glatt das Doppelte.

Zum 40. Geburtstag der vielleicht schillerndsten Figur mit Porsche-Schriftzug am Heck war SPIEGEL ONLINE mit dem Porsche 914-6 des Hamburger Automuseums Prototyp unterwegs. Bei dem Wagen handelt es sich um ein Modell aus dem Baujahr 1970, im für jene Zeit typischen Farbton "Blutorange". Das abnehmbare Kunststoffdach glänzt natürlich in schwarz. Sonor rasselt der Motor hinter den Sitzlehnen, das Armaturenbrett ist ebenso geradlinig gestaltet wie die Heckansicht, und von den drei Rundinstrumenten im Cockpit ist der mittig platzierte Drehzahlmesser natürlich das größte.


Porsche-Motor vor der Hinterachse

Dann geht es schwungvoll los. Mit geöffnetem Dach wird es ab Tempo 120 ordentlich laut im Auto. Man sitzt tief, der Knüppel des Fünfganggetriebes ragt wie ein abgestorbener Baum aus dem Fahrzeugboden, und mit straffen Federn geht es spritzig voran. Einzigartig sind die beiden Falten über den Kotflügeln, die ähnlich wie beim Porsche 911 bis in die vorderen Fahrzeugecken laufen, aber so schmal sind, dass nur die Blinker dort untergebracht werden konnten. Optisch wirkt es ein bisschen, als steuere man einen Katamaran über die Straße.

Der grell leuchtende Wagen ist übrigens eine Rarität, denn er ist einer von lediglich 3332 gebauten Exemplaren mit Zwei-Liter-Sechszylinder-Boxermotor aus dem Porsche 911 T, dessen Leistung für den Einsatz in diesem Auto allerdings um 15 auf 110 PS gedrosselt wurde.

Das Problem des Autos: Seine Urheber waren sich nicht ganz einig

Wesentlich häufiger wurde der VW-Porsche 914 mit schwächeren Vierzylinder-Boxermotoren aus dem VW-Regal ausgeliefert. Das lag wohl auch am Preis, denn der 80-PS-Typ mit Antriebstechnik aus Wolfsburg, der übrigens bei Karmann in Osnabrück gefertigt wurde, kostete anfangs 12.560 Mark. Für den von Zuffenhausen produzierten Typ mit dem Porsche-Aggregat hingegen wurden fast 20.000 Mark fällig - und das war dann doch eine happige Ansage.

Schon an diesem Exempel wird deutlich, wo das eigentliche Problem dieses Autos lag: Die beiden Urheber des Wagens, VW und Porsche, hatten gänzlich gegensätzliche Interessen. Während die Wolfsburger ein flottes Modell mit rassiger Optik wünschten, waren die Zuffenhausener vor allem darauf bedacht, dem schon damals ikonenhaften Porsche 911 bloß keine Konkurrenz zu machen. Ein günstiges Modell mit 911-Antrieb und äußerst knackigen Fahrleistungen aber wäre genau das gewesen: ein gefährlicher Rivale.



Spötter kritisierten die Form, die allerdings noch heute modern wirkt

Entwickelt wurde das Auto damals binnen 37 Monaten, und während die Technik weitgehend aus den Regalen der beteiligten Hersteller stammte, entwarf der Porsche-Designer Heinrich Klie eine komplett neue Karosserie. Es soll Spötter gegeben haben, die sich mokierten, man wisse wegen der Form gar nicht, ob das Auto nun vorwärts oder rückwärts fahre. Tatsächlich aber war die geradlinige, mutig proportionierte und mit Klappscheinwerfern und Targadach zusätzlich aufgepeppte Karosserie ein großer Wurf.

Die noch heute modern wirkende Optik gepaart mit dem Porsche-Sechszylinder ergibt eine erstaunlich sportliche Mixtur. Das knapp tausend Kilogramm schwere Auto mit dem direkt hinter den Sitzen positionierten Motor lässt sich überaus rasant bewegen, bleibt auch bei beherztem Einsatz des Gasfußes sehr lange sehr gutmütig und bietet - vor allem mit im hinteren Kofferraum verstautem Dachpaneel - puristisches Fahrvergnügen.

Am Start bei der Klassiker-Rallye Hamburg-Berlin

"Die Höchstgeschwindigkeit von rund 200 km/h erreicht der Wagen noch heute mühelos", sagt Oliver Schmidt, Mitbesitzer des Autos und einer der Köpfe hinter dem Museum Prototyp. In den vergangenen Wochen wurde der seltene Renner komplett durchgesehen und flott gemacht: Denn ab Donnerstag fährt das exzellent erhaltene Stück mit bei der zweiten Auflage der Old- und Youngtimer-Rallye Hamburg-Berlin.

Drei Tage lang rollt der Klassiker-Konvoi - darunter Autos wie ein Ferrari F40, ein Trabant 601 Kübel oder ein Cadillac Eldorado Cabrio - über insgesamt 650 Kilometer von der Elbe an die Spree. Die erste Etappe findet am Donnerstag in und um Hamburg statt. Ab 16.45 Uhr werden die 180 Auto-Perlen im Hof des Automuseums Prototyp in der Hafencity erwartet. Eine gute Gelegenheit, um unter anderem auch dem bildhübschen VW-Porsche 914-6 ein wenig näher zu kommen